E. Kästner Halb Bürgerschreck - Halb erschreckter Bürger - ein Lyrikprogramm zum Seitenende


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Pressestimmen:
aus den in Forchheim erscheinenden Tageszeitungen,
die Veranstaltung vom 11.06.99 betreffend

Nordbayerische Nachrichten (NN)
Fränkischer Tag (FT)

NN – 15.06.99
Kästner bleibt aktuell
Der Schauspieler Jürgen Gutschmann brachte ,Bürgerschreck' auf die Bühne

In diesem Jahr wäre Erich Kästner 100 Jahre alt geworden; eine gute Gelegenheit für Kunstschaffende, sein Werk wiederzubeleben. So drehte die Regisseurin Caroline Link („Jenseits der Stille“) ein Remake der „Pünktchen und Anton“ - Verfilmung von 1953, in den Feuilletons wird ausführlich über Kästners kontroverse Persönlichkeit diskutiert. 
Auch der Forchheimer Jürgen Gutschmann, passionierter Schauspieler und hauptberuflich Lehrer, liefert im Jubiläumsjahr seinen Beitrag: Zum dritten Mal stand er mit dem Lyrik-Programm „Halb Bürgerschreck - Halb erschreckter Bürger“, das ihm schon seit langem ein Anliegen war, auf der Bühne. 
Im Jungen Theater sang, sprach und spielte Gutschmann Lieder und Gedichte des Büchner-Preisträgers, der immer noch allzu gern auf seine Kinderbücher reduziert wird. Der 36jährige setzte bei der Programmgestaltung vier thematische Schwerpunkte: Gedichte, in denen sich der Autor mit seiner Person beschäftigt, Kriegs-, „Zeit“- und Liebesgedichte. 
Mit dieser Auswahl gelang es Gutschmann, die facettenreichen, oft konträren Aspekte der Kästnerschen „Gebrauchslyrik, die seelisch verwendbar“ sein soll (so Kästners Selbsteinschätzung), zu beleuchten. 
Mit hingebungsvoller Gestik und Mimik rezitierte das Mitglied des Theaterensembles „Camouflage“ die Texte, für deren stimmungsvolle musikalische Untermalung Stefan Lang am Klavier sorgte. Die beiden Künstler gaben durch ihr gekonntes Zusammenspiel glaubwürdig und ohne übertriebenes Pathos die Stimmungen in Kästners Gedichten wieder.  Und das war keine so leichte Aufgabe. Schwankend zwischen Witz, Melancholie, Zynismus, Trauer, Boshaftigkeit und Anteilnahme, stets mit detailliertem, satirischem Blick auf seine Mitmenschen und das Zeitgeschehen, verarbeitete der Dichter in seinen Texten die verschiedenen Emotionen. 
Dabei legte der 1974 Verstorbene großen Wert auf „Verse, bei denen auch der literarisch unverdorbene Mensch Herzklopfen kriegt oder froh in die leere Stube lächelt“, und auf die Abgrenzung von denjenigen Lyrikern, die meinen, „die Fähigkeit des Gedichteschreibens sei eine göttliche Konzession" (wie in der „Prosaischen Nebenbemerkung“ Kästners zu lesen ist). 
Gutschmanns minimalistische „Bühnenshow“, sein Verzicht auf übertriebene Selbstdarstellerei ließ den Worten Kästners den ihnen gebührenden Raum zur Entfaltung. So konnte das Publikum die Intensität der Verse ohne störende Nebeneffekte auf sich wirken lassen. Locker und mit trockenem, fränkischen Humor kommentierte der 36jährige die Lieder und Gedichte, auch spontane Dialoge mit den Zuschauern kamen zustande und ließen eine persönliche Atmosphäre im Jungen Theater aufkommen. 
So etwa, als er Kästners problematisches Verhältnis zu den Frauen ansprach; das sich unter anderem in dessen enger Mutterbindung äußerte. Auf seine Bemerkung, der Autor habe seiner Mama sehr lange die schmutzige Kleidung zum Waschen geschickt, kam aus dem Publikum, das die Leistung des Duos Gutschmann - Lang mit begeistertem Applaus quittierte, der Zwischenruf: „Des gibt's heut' aa noch!“ Wir sehen: Kästner bleibt aktuell.

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FT – Aus dem Kulturleben – 16.06.99
Den Platz über dem Sofa
Kästners Werk vorgestellt von Jürgen Gutschmann

,,Wer hat noch nicht? Wer will noch mal?" Die bekannte Gedichtzeile von Erich Kästner nahmen so viele an Literatur Interessierte an und besuchten den Vortragsabend im Jungen Theater Forchheim von Jürgen Gutschmann und Stefan Lang (Piano), so daß sich die beiden Interpreten mehr als erfreut zeigten. Der ursprüngliche Termin am 100. Geburtstag des zu Feiernden hatte wegen Erkrankung verschoben werden müssen. Gutschmann gelang es, dem Publikum das lyrische Werk des Autors so nahe zu bringen, daß ein Zeitbild des letzten Jahrhunderts entstand. Er blieb, unterstützt durch die Improvisationen des Pianisten, immer der Intention Kästners nahe, der sich bewußt als Gebrauchspoet sah. Diesem aber einen Rang unmittelbar nach den Handwerkern einräumte. 
In Erläuterungen stellte er die literarische Eigenart des Schriftstellers vor, Kästners Auffassung zeitgemäßer Lyrik als ,,seelisch verwendbare Lyrik" und besonders den unauffällig genialen Umgang mit Versmaß und Versform. Zu Kästner kam Gutschmann bereits in der Schulzeit, als er sich durch den Text ,,Kennst du das Land, wo die Kanonen blühn?" beeindrucken ließ. Er fand den Zugang eben durch die Sprachbilder und die intendierte Moralität. Er beschäftigte sich weiterhin auch mit dem umfangreichen Prosawerk für Erwachsene, das zu Unrecht viel weniger bekannt sei als die zeitlos aktuellen Kinderbücher. Verbindend für alle drei Schaffensbereiche ist die Klarheit der Sprache, was Gutschmann durch die Auswahl belegte. 
Nach einer autobiographischen Einführung standen die Gedichte, die das Geschehen um den Ersten Weltkrieg behandeln, im Mittelpunkt. Punktförmig fiel da das Licht auf die Knackpunkte im Erleben. So wenn in ,,Primaner in Uniform" die Trauer um die gefallenen Mitschüler beschrieben wird und die Hurra-Begeisterung in der Lehrerschaft. Ein sinnvoller Schlag war dann das Anfügen von Kästners Ergänzung aus der Rückschau. Die Auswahl und der Vortrag insgesamt ermöglichten einen tiefen Zugang zum immer zeitkritischen Werk des durch die Verfilmungen verkannten Autors. Besonders gelungen war der Mittelteil mit dem schnellen Wechsel zu verschieden Gesellschaftsschichten der Zwanziger Jahre. Unerwartete Aktualität hat das Gedicht ,,Maskenball im Hochgebirge", in dem eine Lawine als Entrüstung der Natur gedeutet wird. Autor und Interpret gelang es ,,dem Guten und Schönen den leeren Platz über dem Sofa" einzuräumen. Die Lesung hat Appetit auf mehr gemacht. Die Gedichtanthologie ,,Bei Durchsicht meiner Bücher" ist ein zielstrebigerer Einstieg als die Neuverfilmung von ,,Pünktchen und Anton", will man wie Gutschmann dem Autor nicht einseitig näher kommen. 

LP
 
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